25 Geschichten - Prolog

Zuerst gilt mein Dank Ossi Landmann, der die großartige Idee zu dieser Serie hatte. 

 

Es ist eine ganz, ganz schwierige Aufgabe, die vergangenen 25 Jahre der Fanatics und ihre Vorgeschichte in relativ kurzer Form zu erzählen. Zu viel ist in dieser Zeit passiert, zu sehr bin ich dem Fanclub und Admira Wacker verbunden. In dieser Zeit entstanden Freundschaften fürs Leben, es gab wunderbare Zeiten ebenso wie sportlich und menschlich sehr schwierige. Die Reisen mit Klub und Fans erweiterten meinen Horizont, manchmal verengte er sich allerdings auch. ☺ Wir hatten viel zu feiern, gaben ordentlich Gas, schlugen über die Stränge. Das taten wir immer gemeinsam, ebenso mussten wir einige schwere Gänge gehen, als uns geliebte Freunde für immer verließen.

Trude unvergesslich!
Trude unvergesslich!

Wie begann alles? Mein persönlicher Zugang zu Admira Wacker ist ein familiärer: Aufgewachsen in der Heimat der Admira, in Floridsdorf inmitten einer eingefleischten schwarz-weißen Großfamilie (beide Großväter waren Erz-Admiraner) gab es kein Tischgespräch, keine Familienfeier ohne Erwähnung der "Bewunderten". Ich erblickte das Licht der Welt 4 Tage nach der Fusion von Admira und Wacker, somit bin ich genau genommen kein Admiraner, sondern Admira-Wacker-Fan. Wie der "Zufall" es wollte, übersiedelte meine Familie 1979 nach Hinterbrühl – und von dort aus war es weit einfacher, in die Südstadt zu gelangen, als zuvor mit dem VW-Bus vom Schwaiger-Opa, der regelmäßig voll besetzt zu den Heimspielen fuhr. Im Alter von 5 Jahren durfte ich mein erstes Spiel besuchen, meine beiden Kinder sollten später in noch jüngeren Jahren dieses Privileg genießen. Weil ich 1999 endlich in die Südstadt zog.

Ortstafel Maria Enzersdorf - Südstadt

Zuerst nahm der Opa (der damals Obmann des Vereins war) meinen Bruder und mich in den VIP-Club mit, dort wurde es uns aber bald zu langweilig. Mit Freunden radelten wir über den Liechtenstein zu den Heimspielen und fieberten mit den Jugendidolen Degeorgi, Demantke oder Knaller und vielen mehr mit. Zu dieser Zeit gab es keinen organisierten Support, keine Transparente, keinen Fanshop, es war insgesamt brach liegendes Land in dieser Hinsicht – heute kaum noch vorstellbar. 1992 war die Zeit dann reif, nachdem in der Winterpause 91/92 die ersten Pläne zur Gründung eines Fanclubs gewälzt worden waren. Am 26.3. 1992 wurde der "Black and White Supporters Club" offiziell von der Vereinsbehörde bestätigt. Das erste Spiel mit dem neuen Fanclub fand am 3. April 1992 in der Südstadt gegen Vorwärts Steyr statt. Nach 0:1-Pausenrückstand siegte Admira Wacker dank Treffern von Peter Artner und Roger Ljung mit 2:1. Ein gelungener Einstand!

Das Spruchband zu Ehren Markus Bittner's der im Jahre 2009 verstorben ist

Wir designten Fanartikel, verkauften diese aus einer Holzhütte vor dem Stadion, schrieben für die Stadionzeitung, organisierten Auswärtsfahrten und halfen im Sekretariat freudig mit. Aber natürlich unterstützten wir die Burschen mit Gesang, Sprechchören und selbst gebastelten Transparenten. Etwa auch bei den beiden Siegen beim Stadthallenturnier. Es war eine geile Zeit, zu der natürlich auch der sportliche Erfolg beitrug. Es gab viele Siege unserer tollen Teams zu feiern, in denen zahlreiche hervorragende Spieler kickten. Auch auf internationaler Ebene, die Reisen zu den EC-Spielen waren immer etwas ganz Besonderes. Unser Engagement wurde von der Vereinsführung insofern honoriert, als wir einen Fanclubraum (heute ist dort die Nachwuchs-Administration untergebracht) bespielen durften. Sprich, wir schenkten dort aus, vor, während und nach den Spielen wurde hier diskutiert, gefeiert oder getrauert und so manches Bier getrunken.

Der Autor Matthias Schwaiger in jungen Jahren im Fanclubraum

Anfangs war unser Platz noch auf der Gegengeraden – zwei Blocks entfernt vom Kabinengebäude. Das sollte sich aber ändern, wie auch der Name des Fanclubs. Wir zogen 1994 in die Kurve, die bis heute noch unsere Heimat ist. Die Namensumbenennung halte ich bis heute für keine gute Idee, ich respektiere aber natürlich die demokratische Entscheidung. De facto ist der Fanclub also eigentlich schon 28 Jahre alt, wird aber seit 1995 "Südstadt Fanatics" genannt. Die Verankerung des Spielorts im Namen wurde schon ein Jahr nach der Gründung ein großes Thema: aber nicht intern, sondern auf Grund des wirren Plans, den Verein in SC Niederösterreich umzubenennen und mit der Mannschaft von Spiel zu Spiel durch NÖ zu tingeln. Ein Plan, den die Vereinsmitglieder unter uns Fanatics nicht einfach so hinnehmen konnten. Wir beantragten eine außerordentliche Generalversammlung, um das zu verhindern. Doch mit genau einer Stimme unterlagen wir in der Kampfabstimmung. Das unselige Projekt war bereits nach einer Saison schon wieder Geschichte, der Verein im Konkurs. Er wurde durch die Fusion mit dem VfB Mödling und der damit verbundenen finanziellen Unterstützung von VfB-Präsident und Admira-Fan Hans Werner Weiss gerettet.

 

Damit gab es wieder einen neuen Vereinsnamen, nämlich VfB Admira Wacker Mödling und bald darauf den ersten Abstieg. Fans kamen und verschwanden im Lauf der Jahre ebenso wie Fanclubmitglieder – doch ein harter Kern ist bis heute treu. Wir erlebten den Wiederaufstieg, Relegationsspiele, 5 verlorene Cupendspiele, die Herrschaft des Persers Majid Pishyar, der den Klub in zwei Jahren in die Regionalliga führte. Diesmal rettete uns Richard Trenkwalder, der aber selbst nach dem Wiederaufstieg mit seiner Firma in Turbulenzen geriet, damit auch der Verein. Gerhard Bügler, ein echter Admiraner und aus der Region stammend, übernahm den Klub und führt ihn bis heute in sicheren Gewässern – wirtschaftlich solide und seriös. Vor seiner Zeit zitterten wir Fans Jahr für Jahr um die Erteilung der Lizenz, die uns viel zu oft verwehrt wurde. Das ging bis zum Punktabzug, doch nichts kann Admira Wacker aus der Bahn werfen – seit 115 Jahren besteht der Verein nun schon.

 

Ein Zuschauermagnet war Admira Wacker leider nie, das war zugleich Problem als auch Chance für die Fanatics. Einerseits wünscht man sich natürlich einen zahlenmäßig großen Anhang, andererseits konnte in der überschaubaren Kurve auch eine spezielle Kultur entwickelt werden. Kaum wo anders in einem Fanblock ist es so entspannt, kinder- und familienfreundlich wie in der Curva Nord. Man kennt sich, man schaut aufeinander, es gibt eine große Verbundenheit. Die wuchs im Lauf der Jahre, wurde gepflegt, manchmal gedieh sie besser und manchmal auch nicht gar so gut – so ehrlich sollte man sein. Doch wenn es um Admira Wacker geht, sind sich eh alle einig.

 

Was meine persönlichen Highlights betrifft, so ist es einerseits die Summe an bereits über 800 Livespielen von Admira Wacker und andererseits deshalb so schwierig, daraus welche heraus zu picken. Nach 2:4 im Hinspiel gegen Antwerpen und dort 0:2 zur Pause mit einem Mann weniger (Olaf Marschall wurde ausgeschlossen) hing ich beim Treffer zum 4:2 am Zaun und glaubte zu träumen – es war unfassbar. Aber auch irgendwie das typische Admira-Schicksal, dann in der heroisch erkämpften Verlängerung auszuscheiden. Etliche andere EC-Reisen waren auch legendär, etwa in meinem Einser-Golf nach Szeged gegen Ferencvaros, die Flüge nach Brüssel, Vilnius oder Baku, die Busfahrten nach Bologna, Prag, Myjava oder Zabrze, die Zugfahrt nach Luzern.

Immer wieder toll war die Nähe, die Verbundenheit der Fans zu den Spielern. Die gerne in die Kurve kamen und kommen, mitunter dort auch für starken Umsatz sorgten, ich nenne jetzt keine Namen. ☺ Für starken Umsatz konnten wir natürlich auch selbst sorgen, das ist nach wie vor so. Ob daheim oder auswärts, die Grundhaltung der Fanatics ist meistens positiv. Was die Auswärtsfahrten in Österreich betrifft, so waren immer jene nach Ried besonders, im speziellen die Rückfahrten in Unterhosen inklusive Besuchen beim Burger King. Gewonnen haben wir dort nicht viel, aber die Supras Ried, mit denen uns wie mit den Soccerholics der Austria eine Fanclubfreundschaft verbindet, haben wir beim 20-Jahr-Jubiläum dann doch paniert. Auch, weil sie selbst schon ziemlich paniert angekommen waren. Die im 5-Jahres-Rhythmus abgehaltenen Festivitäten waren auch immer Highlights, da wurde jeweils sehr viel Energie und Freude in die Organisation gesteckt.

Nicht nur ein sportliches Highlight wurde gemeinsam organisiert und abgehalten

Der Europacup hatte uns 2012 nach 18 Jahren Abstinenz wieder, doch das tägliche Brot wird ohnehin in der Bundesliga gebacken. Da gab es für mich persönlich auch eine große Anzahl an denkwürdigen Spielen, etwa der 4:3- Sieg gegen die Grünen mit dem kurz zuvor dorthin gewechselten Kühbauer nach 0:3 – Rückstand. Immer in Erinnerung bleiben werden mir auch die Reisen in der zweiten und speziell in der Regionalliga. Würmla oder Zwettl etwa hatten dann doch was ganz Eigenes, in solche Orte bewegten sich nur die Treuesten der Treuen. Aber auch da kamen wir wieder raus und einige Saisonen später dann jenes Spiel, das in der jüngeren Vergangenheit das wohl wichtigste und mitreißendste war: Gegen Austria Lustenau lagen wir bereits mit 1:3 in Rückstand, kaum jemand glaubte noch an die Wende und beinahe alle sahen den Aufstieg schon wieder verhindert. Doch ein wahrer Kraftakt, ein Furioso der Mannschaft ließ uns Fans nach diesem denkwürdigen 5:3-Erfolg jubeln. In der Woche darauf genügte ein 0:0 auf der Hohen Warte, der Aufstieg war fix und ich dann so etwa zum Frühstück wieder daheim. Auch die beiden Thriller in Mattersburg und Grödig, wo wir jeweils mit 1:0-Siegen in der letzten Runde knapp dem Abstieg entgingen, waren Highlights und wurden feucht-fröhlich gefeiert. 

 

Abseits des Rasens war beim Aufstieg  2011 eine beeindruckende Doppelhalterchoreo zu sehen, in diesem Bereich waren wir über die Jahre auch sehr umtriebig. Zahlreiche Choreos, Spruchbänder, Banner, Pyro-Shows waren in unserem Repertoire. Als Highlights erinnere ich mich an die riesige Choreo anlässlich des 20-Jahre-Jubiläums, die Fähnchen–Choreo gegen Vilnius, die "Pyro-Orgie" zum 40-Jahre-Stadionjubiläum. Stimmungstechnisch war es vor allem 2011/12 hervorragend, die Kurve sehr oft bummvoll. Das schwankte im Lauf der Jahre immer wieder, ebenso wie die Beteiligung und der Support bei Auswärtsspielen. Der beste Mob war immer in Neustadt, da war der Auswärtsblock oft mit 3-400 Südstädter Fans sehr lautstark. Über hundert waren es auch in Vilnius, so viele wie sonst nie in Europa. Doch am Beeindruckendsten war für mich die Schlussviertelstunde beim Cupfinale 2016 in Klagenfurt, als der ganze Sektor trotz 0:5-Rückstands die Mannschaft voller Leidenschaft feierte.

Wie erwähnt, wir haben viel gemeinsam erlebt – gefeiert und getrauert, schwere Verluste hinnehmen müssen. Ich möchte hier auch aller unserer Verstorbenen gedenken – Fanatics sterben nie! Ich hoffe und wünsche mir, dass wir noch viele gemeinsame Stunden mit unserem Klub verbringen werden. Ebenso wie ich mir einen harmonischeren Um- und Übergang mit und zur jüngeren Generation wünsche, im Geist der SF. Und dass die Fanatics weiter bestehen bleiben, auf viele weitere Jahre!

 

Attacke! Forza Ragazzi! Forza Südstadt Fanatics 1995!

 

In der nächsten Ausgabe:

Vor 25 Jahren war Fussballschauen als Haupthobby undenkbar, seit etlichen Jahren geht es nicht mehr ohne Admira!

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